"Scheiße, wo sind meine Schlüssel und wo hab ich die verdammte Kamera gelassen?Hab ich überhaupt noch genug Geld dabei? Ich hoffe sie holen mich überhaupt ab, ist so unklar gewesen, ob ich komme.."
Ich weiß nicht mehr den genauen Wortlaut, doch so in etwa muss ich in etwa am vergangenen Freitag (8.10.) geklungen haben, als ich mich auf eine Fahrt ins Blaue, ins ferngelegene Montbeliard machte, um Freunde zu besuchen. Die Tasche also in windeseile mit Klamotten zum Wechseln vollgestopft, da sich der Abfahrtstermin zum Bahnhof etwas nach vorne verschoben hatte. Zum Glück hatte ich es geschafft, meine Arbeitszeit von Abends auf Morgens zu verschieben, um überhaupt eine Chance zu haben, einen Zug nach Montbeliard zu bekommen. Dabei war ich auch noch auf eine Mitfahrgelegenheit nach Compiégne(nächster Bahnhof) angewiesen.
Aber ich wollte dieses Wochenende! Ich hatte einfach mal einen Tapetenwechsel nötig (ich hatte extra mal nachgeschlagen, was es auf französisch heißt, aber gerade wieder vergessen, es hatte auf jedenfalls eine ähnliche Bedeutung, doch war es keine 1:1 Übersetzung von "Tapetenwechsel").
Irgendwie war es aber eine recht kopflose Abfahrt zum Bahnhof. Ich weiß, es ist so untypisch für mich! Also wie gesagt, ich machte mich schweren Herzens ohne Kamera und ohne meine Haustür/Generalschlüssel (ja ich habe einen!) auf den Weg.
An dieser Stelle muss ich schon einmal auflösen, dass ich lustigerweise die ganze Zeit meinen Schlüssel in der Tasche hatte und meine Kamera zum Glück auch später wieder im Kinderheim auftauchte.
Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich mittlerweile ein gutes, gebrochenes Französisch spreche oder eher noch zu denen gehöre, die französisch sprechen, als wenn sie mitten im Französischunterricht von ihrem Lehrer aus dem Tiefschlaf gerissen wurden. Aus persönlichen Erfahrungen kann ich doch recht Selbstbewusst behaupten, dass ich (hoffentlich) nicht mehr zu letzteren Sorte gehöre.
Als ich am Bahnschalter jedoch sah, wie das alltägliche, freundliche Lächeln der Bahnangestellten, wie schwerer, lauwarmer Teer, von ihrem Gesicht herunter pladderte, nachdem ich sie mit "Bonjour" begrüßte und ihr mein Anliegen auf "französisch" darlegte, überkamen mich doch leichte Selbstzweifel.
Letztendlich befand ich mich nun doch wiedermal im Zug nach Paris, wo diesmal lediglich ein Anschlusszug auf mich wartete. Paris Est bis Dijon Ville. Ca. zwei Stunden Wartezeit. Gerechnet die Wartezeit in Compiégne, Paris und plus die eigentliche Zugfahrt, war ich doch tatsächlich von ungefähr halb 3 bis 23 Uhr unterwegs.
Aber hey, wenn man dabei gleich von seinen Freunden begrüßt wird, die selbstverständlich am Bahnhof bereitstehen, um dich abzuholen, weil man doch sonst gar keine Ahnung hat, wo man hin muss, dann ist das doch superspitze. Halt. Da war ja noch etwas. Achja. Ich konnte sie nicht mehr wirklich erreichen, habe die Nr. nicht mehr gespeichert und meine nurnoch hektisch hinterlassen. Lediglich ein mal dahergesagtes "werde wohl so gegen 23 Uhr da sein.. hoffe ihr holt mich ab" im Vorfeld, bevor überhaupt klar war, ob ich wegfahre oder nicht. Mit flauem Gefühl im Magen, nahm ich tapfer meine Sporttasche, stieg aus den Zug und schaute mich direkt um. Okay, sie sind nicht direkt am Gleis, stehen wohl draußen mit dem Auto, versuchte ich mir einzureden. Naja, sie waren nicht wirklich draußen. Vieleicht stehn sie n bisschen weiter hinten.. Nein. Alles klar, dann sind sie halt noch nicht da. Es ist bestimmt das Auto da hinten. Ja, es verlässt die Straße, biegt ab, auf den Bahnhof, ja das sind sie.. nicht. Oh aber das nächste bestimmt, es.. nein es biegt nichtmal zum Bahnhof hab. Dieses Spielchen ging noch einige schreckliche Momente weiter, bis ich schon verzweifelt nach meinem Handy kramte und überlegte, was ich damit anstellen sollte, ohne Nr. und wie ich nun von diesem Fleck, mitten in der Pampa wegkomme.
Am Höhepunkt meiner Verzweiflung angekommen, kam dann doch der richtige Bolide mit genau den richtigen Insassen angerollt. Erleichtert atmete ich auf und versuchte ein lockeres "da seit ihr ja, Jungs" rauszubekommen, doch die Panik steckte mir noch zu sehr in den Knochen und ich klang wohl nicht so beifällig, wie ich wollte.
"Eyyy Santa, da biste ja, hätten fast gar nicht gedacht, dass du da bist, war so unklar ob du kommst.."
Alles in allem war es ein sehr gelungenes Wochende, der Fahrstil von Freddy ist allerdings noch einen weiteren Eintrag wert. Meine Rückfahrt war auch wieder lang, doch auch unterhaltsam. Ich könnt es sicher schon fast erraten, ich wusste wieder nicht genau, ob ich abgeholt werde, doch das ist eine andere Geschichte..